Macht- und rassismuskritische Perspektiven auf Strukturen der politischen Bildungsarbeit
Ein Verbundprojekt zwischen dem Archiv der Jugendkulturen e.V. und GLADT e.V.
Ausgangslage
Warum dieses Projekt?
Zu Beginn möchten wir von Seiten des Archivs der Jugendkulturen einige Fragen teilen, die wir uns im Vorfeld gestellt haben und unsere Motivation für dieses Projekt verdeutlichen:
- Wer arbeitet mit uns in unserer Bildungsarbeit und welche Zielgruppen erreichen wir?
- Wer arbeitet nicht mit uns und welche Zielgruppen erreichen wir nicht oder noch zu wenig?
- Welche Zielgruppen möchten wir durch unsere Bildungsarbeit besser erreichen?
- Wie kann sich das Referent*innen- und Mitarbeiter*innen-Team des Archivs der Jugendkulturen in Zukunft und nachhaltig diverser entwickeln?
- Wie kann eine erste Zusammenarbeit mit einem intersektional arbeitendem Projekt als Verbund aussehen, um eine macht- und rassismuskritische Analyse der eigenen Einrichtung zu initiieren?
Das Archiv der Jugendkulturen
Gegründet wurde das des Archivs der Jugendkulturen e.V (kurz: AdJ) 1997 als gemeinnütziger Verein. Ziel des Vereins ist die Sammlung, Erforschung und Vermittlung von Kenntnissen über jugendliche Kulturen und Lebenswelten: im Archiv- und Bibliotheksbereich mit einer Sammlungsperspektive auf Jugend-,Pop- und Subkulturen in Verknüpfungen mit gesellschaftspolitischen Diskursen und Syndromen Gruppenbezogener Menschenfeindlichkeit, wie Rechtsextremismus, Rassismus, Antisemitismus und Sexismus, in der politischen Vermittlungsarbeit mit einer Vielzahl unterschiedlicher Bildungs-und Ausstellungsprojekte zu Jugendkulturen und Gruppenbezogener Menschenfeindlichkeit. Seit mehr als 15 Jahren ist die politische Bildungsarbeit ein zentrales Betätigungsfeld des AdJ, verbunden mit dem Engagement sich für eine demokratische Zivilgesellschaft einzusetzen, die für die Akzeptanz und Wertschätzung vielfältiger Lebensweisen steht. Menschen sollen nicht nach Stereotypen oder gesellschaftlichen Normen kategorisiert werden, sondern in einer Gesellschaft leben können, in der sie nicht aufgrund ihrer Hautfarbe, Herkunft, Religionszugehörigkeit, sozialen und ökonomischen Backgrounds, sexuellen Orientierung oder Geschlechtsidentität diskriminiert werden. Diese Haltung spiegelt sich in der methodischen und inhaltlichen Ausgestaltung der Bildungsangebote wider. Trotz dieser Wirkung nach außen, ist die Mitarbeiter*innenstruktur im AdJ, sowohl bei den festangestellten Mitarbeiter*innen als auch bei den freiberuflich tätigen Referent*innen im Bildungsbereich, immer noch überwiegend durch die Anzahl weißer, cisgeschlechtlicher, heterosexueller, bildungsbürgerlich sozialisierter Menschen geprägt. Bestimmte Personengruppen, z.B. BPoC LSBT*I*Q Menschen aus akademischen sowie nicht-akademischen Kontexten, werden noch zu selten für die Arbeit im AdJ als auch über unsere Bildungsangebote erreicht. Hier gilt es die Stellenausschreibungen, Veröffentlichungen und Ansprache in unseren Bildungsangeboten im Dialog mit unseren Verbundprojekt GLADT e.V. kritisch zu untersuchen.
GLADT e.V.
GLADT e.V. existiert seit 1999 und ist eine Selbstorganisation von Schwarzen und of Color Lesben, Schwulen, Bisexuellen, Trans*, Inter* und Queeren Menschen in Berlin. Wir engagieren uns auf unterschiedlichen Ebenen gegen Rassismus, Sexismus, Trans- und Homofeindlichkeit, Behindertenfeindlichkeit sowie andere Formen von Diskriminierung. Ein besonderer Schwerpunkt unserer Arbeit liegt auf den Themen Mehrfachdiskriminierung und Intersektionalität, d.h. den Überschneidungen und Wechselwirkungen unterschiedlicher Diskriminierungsformen und den damit ergehenden spezifischen Erfahrungen. Das Ziel des Vereins ist die Erhaltung und Pflege eines Schutzraums für Menschen, die sowohl aufgrund ihrer Geschlechtsidentität/sexuellen Orientierung als auch aufgrund ihrer Herkunft, sozialen Herkunft, Alter, Religion, Behinderung usw. Ausschlusserfahrungen machen. Es hat sich herausgestellt, dass dieser «eigene» Ort für Menschen mit Mehrfachzugehörigkeiten für die Inanspruchnahme von Beratungs- und Begleitdiensten eine wichtige Voraussetzung darstellt. Menschen unterschiedlichen Geschlechts, unterschiedlicher sexueller Orientierung und unterschiedlicher kultureller/religiöser Herkunft identifizieren sich mit GLADT und prägen Inhalt und Auftreten der Organisation.
Zu unseren Zielgruppen gehören
- LSBT*I*Q (Lesben, Schwule, Bi- & Trans*, Inter*, Queer) Menschen mit Migrationsgeschichte
- Geflüchtete LSBT*I*Q People of Color und Schwarze Menschen (BPoC)
- Menschen, die von Mehrfachdiskriminierung betroffen sind
- Menschen, die wegen Behinderung, Alter, Religion, sozialer Herkunft etc. von Diskriminierung betroffen sind
- Multiplikator*innen (aus Sozialarbeit, Jugend- und Erwachsenenbildung)
- Studierendengruppen
GLADT unterhält sowohl langfristige Projekte, wie unsere Beratungs- und Begegnungsstätte „Treffpunkt“ und unser Netzwerkprojekt „Diskriminierungsfreie Szenen“, als auch wechselnde Mikroprojekte wie „myqueer.info“. Als Bildungsprojekt hat GLADT e.V. I PÄD- Intersektionale Pädagogik www.i-paed-berlin.de initiiert. GLADT e.V. ist Mitglied des Migrationsrats Berlin und des Paritätischen Wohlfahrtsverbandes.
Mehr Infos auf https://gladt.de
Überprüfung unserer Bildungsangebote
Seit vielen Jahren gestaltet das AdJ in seiner politischen Bildungsarbeit innovative Workshop- und Veranstaltungsangebote zu den Themenbereichen Jugendkulturen und Gruppenbezogener Menschenfeindlichkeit, vor allem zu den Themen Rechtsextremismus, Antisemitismus, Rassismus, Sexismus sowie homo- und transfeindliche Diskriminierung. Der Fokus liegt auf der Thematisierung von Diskriminierungsaspekten, der Vermittlung von (jugend)kulturellen Techniken sowie auf Einblicke in die Vielfältigkeit von jugendkulturellen Szenen, die immer wieder als Frei- und Schutzräume für von Diskriminierung Betroffenen dienen. Um den sich verändernden gesellschaftlichen Gegebenheiten (Rechtsruck, Angriffe auf Projekte zu Rassismus oder sexueller und geschlechtlicher Vielfalt, Erreichung und Einbindung von Geflüchteten und deren Expertisen) in Zukunft besser gerecht zu werden und neue Ansätze dahingehend zu konzipieren, bedarf es eines intensiven Wissensaustausches mit einem Verein, wie GLADT e.V. , der seit seiner Gründung intersektional arbeitet und sowohl diese Zielgruppen bereits besser erreicht als auch aus eigenen Diskriminierungsperspektiven Bildungsangebote realisiert.
Zielgruppen des Projekts
- Mitarbeiter*innen und Referent*innen-Team Archiv der Jugendkulturen
- Mitarbeiter*innen und Referent*innen sowie ehrenamtlich Tätige bei GLADT e.V.
sowie
- Multiplikator*innen im ländlichen Raum (Tätige in politischen Bildungs-und Kultureinrichtungen und Geflüchteten-Unterkünften)
- Geflüchtete im ländlichen Raum (Brandenburg)
- BIPoC LSBT*I*Q- Menschen aus akademischen sowie nicht-akademischen Kontexten
Schwerpunkte des Projekts
- Aufbau eines neuen Netzwerkes zwischen einem anerkannten Träger der politischen Bildung (AdJ) und einer Migrant*innenselbstorganisation, mit dem Ziel einer macht- und rassismuskritischen Überprüfung und Weiterentwicklung der ADJ-Trägerstrukturen sowie einem Know-how-Transfer bezüglich der Standards politischer Bildungsarbeit (formalrechtliche Aspekte sowie justiziable Grundlagen) für die Migrant*innenselbstorganisation GLADT e.V.
- gemeinsame Konzipierung neuer, intersektionaler Bildungsangebote mit dem Ziel bisher selten erreichte Zielgruppen (BPoC LSBT*I*Q, nicht-akademische Menschen, Geflüchtete im ländlichen Raum) stärker zu adressieren
- Aufbau und Ausbildung neuer Referent*innen für die politische Bildungsarbeit des Archivs der Jugendkulturen, die Perspektiven mitbringen, die in der bisherigen Vermittlungsarbeit noch zu wenig vorkommen
- Verstetigung und Ausbau der Netzwerkarbeit mit Einrichtungen im ländlichen Raum (Brandenburg) durch Antirassismus und Empowerment-Kreativ-Workshop-Touren mit Referent*innen von GLADT und dem AdJ
- Überprüfung der Ansprache in Stellenausschreibungen und Veröffentlichung beim AdJ zur Erarbeitungen eines Personalentwicklungskonzeptes für die Diversifizierung der Mitarbeiter*innen- sowie Referent*innenstruktur innerhalb der Einrichtung
Kontakt
Bei Fragen zum Projekt können Sie sich gerne an unsere Projektkoordinatorin Giuseppina Lettieri wenden unter:
Email: giuseppina.lettieri@jugendkulturen.de
Durchwahl: 030/61203321
oder an GLADT e.V., Kontaktinfos auf https://gladt.de